Archiv 2023

Januar 2023

Liebe Leserin, lieber Leser,

wenn ich auf das Jahr 2022 zurückblicke, kommen mir sofort – ohne nachzudenken – einige Schlagworte in den Sinn. Der Krieg in der Ukraine, Naturkatastrophen, der Klimawandel und seine Folgen, Inflation, Krankheiten …

Man könnte meinen, die Welt ist aus den Fugen geraten. Hat Gott, der Schöpfer dieser Welt und allen Lebens, das so gewollt? Oder hat er sich das ganz anders gedacht?

Zu dieser Überzeugung kann man kommen, wenn man den Monatsspruch für Januar liest. „Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Und siehe, es war sehr gut.“ Dieser Vers aus dem Schöpfungsbericht zeigt uns, wie Gott seine Schöpfung sieht. Er hat sein Werk vollendet: aus Dunkelheit wurde Licht; Pflanzen und Tiere hat er geschaffen und zuletzt den Menschen, dem er den Auftrag gibt, die Erde zu bebauen und zu bewahren.

Wie gehen wir mit diesem Auftrag um? Diese Frage stellt sich uns, wenn wir sterbende Wälder, verschmutzte Flüsse oder durch Plastik verunreinigte Meere sehen. Was können wir ganz persönlich dagegen tun – in unserem ganz privaten Umfeld? Wenn jede und jeder im Kleinen anfängt, wird sich etwas verändern. Dazu ist Umdenken nötig. Natürlich muss sich auch im Großen einiges wandeln, wenn wir Gottes Auftrag nachkommen und seine Schöpfung bewahren wollen.

„Siehe, es war sehr gut.“ Diese Aussage bezieht auch den Menschen mit ein. Auch mich. Ich bin ein Geschöpf Gottes, von ihm gewollt und ins Leben gerufen – als sein Gegenüber. Weil Gott Gemeinschaft mit mir haben will. Einfach großartig!

Das macht mir Mut, als von Gott gewolltes und geliebtes Menschenkind meinen Weg zu gehen. Ihn zu bitten, dass er mir den richtigen Weg zeigt und ihm zu vertrauen, dass er mich führt.

Und wenn ich wieder einmal feststelle, dass diese Welt scheinbar aus den Fugen gerät, darf ich wissen, dass Gott sie trotzdem in seiner Hand hält und ihm vertrauen, dass mein Leben bei ihm ein Ziel hat.

365 Tage hat das Jahr 2023 – sie liegen vor uns. 365 Tage, um zu entdecken, was Gott alles Wunderbares gemacht hat. 365 Tage, um ihm zu vertrauen, dass er diese Welt in seinen Händen hält.

Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes Jahr 2023.

Angelika Mischinger

Februar 2023

Liebe Leserin, lieber Leser,

am Ostersonntag erzähle ich im Gottesdienst als Einstieg in die Predigt gern einen Witz. Und fast immer befallen mich nach dem Erzählen Zweifel, ob mit meinem Humor etwas nicht stimmt. Ein Zehntel der versammelten Gemeinde lacht oder schmunzelt. Der Rest schaut mich mit ungerührter Miene an. Stimmt etwas nicht mit meinem Humor?

Vielleicht liegt es ja daran, dass die Leute nicht verstehen, warum ich einen Witz erzähle? Es ist doch Ostern, da hören wir die beste, fröhlichste Botschaft der Welt. Christus hat den Tod besiegt, er ist auferstanden. Da kann man sich doch freuen und lachen! – Einen Osterwitz zu erzählen, ist aus diesem Grund schon seit dem Mittelalter eine kirchliche Tradition. Nach der tristen Fastenzeit sollte das Lachen in die Kirche zurückkehren.

Aber aus irgendeinem Grund hält sich hartnäckig die Meinung: „Christsein ist eine ernste Sache.“ Warum? Wir hören doch in jedem Gottesdienst einen Teil der „Frohen Botschaft“ (was ja „Evangelium“ übersetzt bedeutet). „FROHE  BOTSCHAFT“ – nicht traurige Botschaft. … Vielleicht hat ja dieses Erleben den Philosophen Friedrich Nietzsche dazu bewogen, von den Christen zu sagen: „Sie müssten mir erlöster aussehen, wenn ich an ihren Erlöser glauben sollte!“?

Gott jedenfalls hat Humor, das ist nicht nur meine persönliche Meinung, – er hat ihn ja schließlich erfunden.

Unser Monatsspruch erzählt ein Beispiel dafür: Abraham und Sara haben lange auf ein  Kind warten müssen, trotz mehrmaliger Verheißung Gottes. So lange, bis es biologisch nicht mehr möglich war. Und dann, kein Ding ist bei Gott unmöglich, wurde Sara schwanger und brachte Isaak zur Welt. In ihrem hohen Alter – Abraham war 100 Jahre! Nach jahrzehntelangem Hoffen und Zweifeln erfüllte Gott, was er ihnen verheißen hatte. Da sprach Sara: „Gott hat mir ein Lachen zugerichtet!“ (1. Mose 21,6) Mit diesem Satz nimmt sie Bezug auf den Namen „Isaak“. Der bedeutet nämlich „Er lacht“. Warum Gott die beiden so lange warten ließ? Da können wir nur Vermutungen anstellen. Hat das mit Gottes Humor zu tun? – Jedenfalls können Sara und Abraham nun lachen. Sie haben ein Kind. Sara denkt aber bei diesem Satz sicher auch an die zweite Seite des Lachens. Nämlich an das Lachen derer, die davon hören. „Sara stillt in ihrem hohen Alter ein Kind!“ Warum werden sie eigentlich lachen? Schadenfreude? Unverständnis? Mitfühlende Erleichterung? Was auch immer, es wird gelacht und Abraham und Sara können mitlachen. Martin Luther hat recht, wenn er sagt: „Wo Glaube ist, da ist auch Lachen.“

Sie sind eingeladen, die fröhliche Seite unseres Glaubens zu entdecken: in der Bibel, im Gottesdienst, bei Gesprächen, im Gebet… Das macht Lust auf Glauben. Zum Schluss ein Witz, der das vielleicht ein wenig verdeutlicht: Der Pfarrer redet einem seiner „schwarzen Schafe“ ins Gewissen: „Kevin, ich fürchte, wir werden uns nie im Himmel begegnen…!“ – Dieser darauf: „Nanu, Herr Pfarrer, was haben Sie denn ausgefressen?!“

Ihr E. Salewski

März 2023

Ein Brief an Frauen!

Seit längerer Zeit möchte ich Frauen mal einen Brief schreiben. Ich begegne jeden Tag Frauen in ganz unterschiedlichen Situationen. Ich höre dann manchmal, dass jemand kraftlos ist, einfach müde, traurig, weil sie meint, den alltäglichen Dingen nicht mehr gewachsen zu sein. Im Beruf funktioniert man irgendwie. Aber im Vergleich mit anderen fühlt man sich viel „kleiner“. Die eigene Leistung schätzt man nicht, es kommt einem zu banal vor, was man täglich tut. Manchmal fehlen Mut, Konzentration, Lebensfreude. Es gibt eine unerklärliche Erschöpfung nach Krankheit.

Vielleicht fühlen Sie sich angesprochen. Ich kann leider keine persönliche Anrede benutzen.

Ich denke an Sie, die Sie gerade krank sind. Sie fühlen sich schwach und hilflos und doch leisten Sie Großes, weil Sie nicht aufgeben, weil Sie die Symptome der Krankheit ertragen, sich der Therapie mit allen Nebenwirkungen stellen, weil Sie sich nicht nur um sich selbst kümmern sondern auch an Ihre Lieben denken und die Arbeit von Therapeuten und Pflegenden schätzen. Sie beginnen jeden Tag neu, auch wenn Sie Angst haben und Schmerzen bei jeder Bewegung erwarten. Sie sind eine Heldin! Ich wünsche Ihnen Mut, unerschütterliche Hoffnung, Geduld und Vertrauen darauf, dass Sie täglich die Kraft bekommen, die Sie brauchen. Ich wünsche Ihnen behutsame Tröster und Helfer.

Nun denke ich auch an Sie, die Sie so eine Helferin, Trösterin, Begleiterin sind oder mal waren. Sie sind wie Engel! Sie kennen die Mühen der täglich gleichen Abläufe, die Sorge um einen Kranken, die Bedürftigkeit eines Dementen, die Hilflosigkeit in Altersschwäche, Depression, tiefer Traurigkeit. Sie wissen, dass Wut, Verzweiflung, Resignation manchmal nicht aufhören wollen, dass man sehnsüchtig auf Besserung, Erleichterung, Stärkung hofft. Zeit für sich selbst kennen Sie nicht mehr. Ich hoffe, Sie wissen, wie sehr Sie dafür geliebt werden. Dankbarkeit, Anerkennung, Liebesbekundungen können die Bedürftigen oft nicht mehr zeigen. Ich wünsche Ihnen Erinnerungen an gute Zeiten. Ich wünsche Ihnen zuverlässige, professionelle, verständnisvolle Partner bei der Bewältigung der großen Aufgabe. Vergessen Sie sich selbst nicht ganz, suchen Sie nach Stärkung Ihrer Seele und Ihres Körpers.

Jetzt denke ich an Sie alle, die Sie Verantwortung tragen für Ihre Familie, Ihre Kinder. Ihr Tag hat nicht genug Stunden. Sie sind vielleicht berufstätig und erledigen Einkäufe, Fahrdienste, die tägliche Hausarbeit und die liebevolle und konsequente Kindererziehung wie nebenbei. „Alles muss irgendwie unter einen Hut, auch wenn dort niemals ausreichend Platz dafür ist.“ Sie kennen Zukunftsängste, Geldsorgen, Angst um die Kinder sowieso. Sie merken, dass die Partnerschaft leidet, aber was soll man denn noch alles schaffen? Erschöpfung und Müdigkeit scheinen Sie nicht verlassen zu wollen, Aber Sie sind unersetzlich. Sie sind die liebste, die beste Mama überhaupt. Ich wünsche Ihnen ein großes Herz, scharfe Sinne und viele wertvolle Augenblicke, damit Sie erkennen können, was für eine Perle Sie sind. Ich wünsche Ihnen unerschöpfliche Reserven an Liebe und Geduld, die Fähigkeit zu vergeben, zu bestärken, zu ermutigen, zu organisieren, durchzuhalten …

Nun denke ich auch an Sie, die Sie eine ganz andere Vorstellung von Ihrem Leben hatten, die Sie enttäuscht sind, weil so viel zerbrochen ist im Leben, weil so schwere Lasten zu tragen waren, zu viele Verluste hingenommen werden mussten, zu viel Unrecht geschehen ist. Es gibt keinen Trost, kein Beschönigen! Sie sind unglaublich stark, wenn Sie nicht hart und verbittert geworden sind, wenn Sie trotz allem Ihr Leben meistern, Freundschaften pflegen und auf andere zugehen können. Ich wünsche Ihnen Frieden.

Liebe Leserinnen und Leser, Ihnen allen möchte ich mit der Jahreslosung sagen: Wir haben den EINEN GOTT, der uns sieht. GOTT liebt uns! Er liebt uns gerade in unserer Unvollkommenheit, in unserer Schwäche, trotz unserer Misserfolge und trotz unserer Schuld. „Was kann uns scheiden von der Liebe Christi?“ Ich glaube fest: Wer GOTT alles zutraut, wer sich sehnt nach einem festen Glauben an Gott, der bleibt in der Liebe Christi. Auch den kleinsten Glauben sieht GOTT.

Zum Schluss lade ich Sie alle, Frauen und Männer, ein zu unserem Weltgebetstags-Gottesdienst nach der Ordnung von Frauen aus Taiwan, die uns von ihrem Leben erzählen. Briefe werden da auch eine Rolle spielen. Wir wollen gemeinsam singen, beten, sehen und hören und auch essen, trinken und miteinander reden.

Bleiben Sie behütet! Ihre Ulrike Lehel

April 2023

Liebe Leserin, lieber Leser,

Benjamin Franklin (1706 – 1790) – US-amerikanischer Politiker, Naturwissenschaftler, Erfinder und Schriftsteller bestimmte als Inschrift für seinen Grabstein folgenden selbstverfassten Text: „Hier liegt der Leib B. Franklins, eines Buchdruckers, gleich dem Deckel eines alten Buches, aus welchem der Inhalt herausgenommen, und das seiner Inschrift und Vergoldung beraubt ist – eine Speise für die Würmer; doch wird das Werk selbst nicht verloren sein, sondern, wie er glaubt, einst erscheinen in einer neuen, schöneren Ausgabe, durchgesehen und verbessert vom Verfasser!“

Das ist ein nüchterner, aber auch hoffnungsvoller Text, den Franklin da auf seinen Grabstein schreiben ließ. Seine Hoffnung wollte er dem Betrachter des Grabsteines mit einem Bild aus seinem ursprünglich erlernten Beruf deutlich machen. Was erzählt dieses Bild?

Wir Menschen sind wie ein Buch. Unser Leben ist auf den Seiten zwischen den Buchdeckeln festgehalten. Der Einband ist unser Körper. Wenn wir sterben, dann vergeht dieser Einband, aber das, was uns ausmacht, unsere Persönlichkeit, unser Leben – der Text auf den Seiten – ist damit nicht verschwunden. Der Verfasser des Buches hat ja den Wortlaut. Er gibt das Buch in einer neuen, verbesserten Auflage heraus, mit einem wunderschönen, neuen Einband versehen. – Franklin gibt hier eine Kernaussage unseres Glaubens wieder, nämlich, dass wir auf ein Leben nach dem Tod hoffen dürfen.

Worauf gründet diese Hoffnung? Paulus schreibt in seinem Brief an die Gemeinde in Rom: „Christus ist gestorben und lebendig geworden, um Herr zu sein über Tote und Lebende.“ Röm.14,9

Das heißt, mit der Auferstehung Jesu hat Gott bestätigt, dass ER in ihm selbst Mensch wurde. Damit bekommen sein Reden und sein Handeln besondere Bedeutung, auch sein Tod! Diesen können wir wie eine Bezahlung, ein Opfer für unsere Fehler – was uns von Gott trennt – betrachten. Und dieses Opfer hat Gott in Jesus selbst gebracht, denn Schuld muss beglichen werden, sonst gerät die Welt aus den Fugen.

So kann Paulus von Jesus als „Herr über Tote und Lebende“ reden. Den Tod hat er durchlitten und er lebt – bei Gott. Wer also auf Jesus Christus schaut, sich an ihm orientiert und ihm folgt, wird wie er durch den Tod zum Leben finden, wird auferstehen. Das war Franklins Hoffnung und das kann auch unsere sein.

Weil Tod und Auferstehung Jesu so viel Hoffnung in sich bergen, ist der Tag der Auferstehung für uns der Wendepunkt der Zeit. Deshalb feiern wir jedes Jahr Ostern und jede Woche am Sonntag den Auferstehungstag Jesu Christi. Behalten Sie durch Ihr Feiern dieser Tage die Hoffnung in Ihrem Herzen, die Franklin auf seinem Grabstein zum Ausdruck brachte.

Ihr E. Salewski

Mai 2023

Liebe Leserin, lieber Leser!

Im Neukirchener Kalender las ich folgende Geschichte von Ulrich Bach:

Eine Dame geht an zwei Gehstützen durch die Straßen einer Großstadt an den Schaufenstern entlang. Plötzlich merkt sie: „Einer meiner Schuhriemen hat sich gelöst. Was soll ich machen?“ Wegen ihrer Behinderung kann sie sich nicht einfach bis zum Fuß bücken. Wenn sie so weitergeht, könnte sie mit dem offenen Schuh stolpern. Also bittet sie eine Passantin: „Könnten Sie so freundlich sein, mir meinen Schuh wieder zuzubinden?“ Die angesprochene Dame aber antwortet: „Ach, entschuldigen Sie. Da könnte man ja denken, wir gehörten zusammen.“ Und dann ist sie einfach weitergegangen.

Welche Reaktion ruft diese Erzählung in Ihnen hervor? Empörung? Wut? Verständnis? …

Wir können nur mutmaßen, warum die angesprochene Frau nicht helfen wollte oder konnte. War es Stolz? Oder Angst, von anderen komisch oder gar verächtlich angeschaut zu werden? Offensichtlich wollte sie nicht mit der hilfsbedürftigen Person in Zusammenhang gebracht werden.

Waren Sie auch schon einmal in einer solchen oder ähnlichen Situation? Und wie haben Sie reagiert? Das biblische Buch der Sprüche gibt uns für solche Fälle einen guten Rat mit auf den Weg. Dort lesen wir im 3. Kapitel, Vers 27: „Weigere dich nicht, dem Bedürftigen Gutes zu tun, wenn deine Hand es vermag.“ (Lutherübersetzung 2017).

Wir werden aufgefordert, hilfsbereit zu sein – oder wie es wörtlich heißt „Gutes zu tun“ – wenn es in unseren Möglichkeiten steht. Das bezieht sich nicht nur auf das Geben von Geld. Manchmal ist es viel wichtiger, anderen Zeit zu schenken, in der sie über das, was sie bewegt, offen reden können. Oder einen kurzen Moment der Aufmerksamkeit, der das Gefühl vermittelt, wahrgenommen zu werden. Oder ein stilles Gebet für eine Person, die mir begegnet. Oder … Beim weiteren Nachdenken fallen Ihnen sicher noch weitere Möglichkeiten ein, wie Sie Ihren Mitmenschen Gutes tun können.

„Ich kann doch nicht die ganze Welt retten!“ Dieser Einwand ist berechtigt. Das müssen und können wir auch nicht. Helfen bis zur Selbstaufgabe, bis zum Zusammenbruch – das ist nicht Gottes Absicht für unser Leben. Aber da, wo er uns Dinge vor die Füße legt bzw. Menschen über den Weg schickt, die in Not sind, sollen wir unsere Augen und Hände und auch unser Herz nicht verschließen. Da dürfen und sollen wir weitergeben, was er uns gegeben hat. Seien es materielle Dinge oder Zuwendung, ein gutes Wort, die Botschaft des Evangeliums …

Und ich bin sicher, wir werden dadurch nicht ärmer, unser Leben wird bereichert. „Denn die Freude, die wir geben, kehrt ins eigne Herz zurück.“ Diese Lebensweisheit, die früher sehr oft in Poesiealben zu finden war, drückt es sehr treffend aus.

Lassen wir uns in diesem Monat immer wieder daran erinnern, wenn wir Menschen begegnen, die in Not sind: „Verweigere keinem die nötige Hilfe, wenn es in deiner Macht steht.“ (nach der Übersetzung Neues Leben)

Ich wünsche Ihnen gute Begegnungen und dass Sie erfahren, wie durch das Geben Freude in Ihr Herz einzieht.

Angelika Mischinger

Juni/August 2023

Liebe Leserin, lieber Leser,

ein Onkel besucht seinen Neffen, der seit einem halben Jahr zum Studium in die Großstadt gezogen ist, in der der Onkel wohnt. Der Neffe freut sich über den Besuch und bittet ihn in sein WG- (Wohngemeinschafts-) Zimmer. Neugierig schaut sich der Besucher um und entdeckt an der Wand eine Spiel-Schultafel, die mit kleiner Kreideschrift fast von oben bis unten beschrieben ist. Fragend blickt der Onkel seinen Neffen an. „Die hab ich vor 4 Wochen vor der Sperrmüllpresse gerettet“, sagt dieser. „Machst du da drauf Notizen für dein Studium?“ „Och nö“, war die etwas verlegene Reaktion. Und dann fügt der Neffe nach einigem Zögern hinzu: „Da hab ich mal all das aufgeschrieben, wo mich Menschen in den letzten Jahren mit Worten oder Taten sehr verletzt haben und was ich einfach nicht vergessen kann.“

„Ist denn da niemand zu dir gekommen und hat um Verzeihung gebeten?“ fragt der Onkel nach kurzem Überlegen. „Doch, schon“, war die Antwort, „aber wenn ich an die einzelnen Leute denke, dann ist der Ärger wieder da.“ Schweigen. Unausgesprochen schwebt die Frage im Raum: Wie gehst Du damit um? Nach einer Pause antwortet der Onkel knapp mit einem Lächeln: „Weißt Du – ich sag mir bei sowas dann immer – Schwamm drüber!“ und deutet mit einem Kopfnicken auf den trockenen Schwamm, der an einem Haken an der unteren Leiste der Tafel hängt. – So einfach könnte es sein, aber …!

Wie wäre es, wenn wir das „aber“ beiseitelassen und nicht auf das Hinderliche, sondern auf das Förderliche schauen.

Vielleicht hat der Onkel ja zum Beispiel an die Bitte im Vaterunser gedacht: „Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern?!“ Wer weiß, dass wir von Vergebung leben, der kann auch leichter „Schwamm drüber“ sagen. Und wenn wir uns darin eingeübt haben, dann fällt die ganz hohe Kunst des Miteinanders nicht mehr ganz so schwer, von der Jesus Christus in seiner Bergpredigt spricht. Denn dort sagt er: „Liebt Eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Kinder eures Vaters im Himmel werdet.“ (Matthäus 5,44f)

Um so handeln zu können, gehören Großmut, Vergebung und Liebe dazu. Gertrud von le Fort hat einmal gesagt: „In der Verzeihung des Unverzeihlichen ist der Mensch der göttlichen Liebe am nächsten.“ Gott will seine Liebe auf diese Weise durch uns fließen lassen. Wir müssen diese schwere Aufgabe, liebevoll mit unseren „Feinden umzugehen, also nicht allein bewältigen! Wenn wir uns dann noch in Großmut und Vergebung einüben, dann wird die Welt in unserem kleinen Kreis ein wenig friedlicher. Und damit ist dann schon viel, sehr viel gewonnen.

Ihr E. Salewski

September 2023

Liebe Leserin, lieber Leser,

Jesus fragte einmal seine Freunde (die Jünger), was die Menschen über ihn sagen. Da kamen verschiedene Antworten, die uns eigenartig erscheinen werden, z.B.: Er sei Johannes der Täufer, der kurz zuvor durch Herodes hingerichtet worden war. Andere sagten, er sei der Prophet Elia, der vor den Augen seiner Schüler neun Jahrhunderte vor Jesus zu Gott entrückt wurde. Auch wurde er für Jeremia gehalten, von dem uns seine Botschaft in einem biblischen Buch überliefert ist. Jeremia wurde nach der Zerstörung Jerusalems durch die Babylonier im Jahr 587 vor Christus nach Ägypten verschleppt und starb dort. Diese Antworten muten eigenartig an und haben einen besonderen Hintergrund. Zur Zeit Jesu erwartete das jüdische Volk den Retter, der von Gott kommt und das Volk von der Fremdherrschaft der Römer befreit und es weise regieren wird. Er wird der „Gesalbte“ – „der mit göttlicher Macht Versehene“ genannt. Der Titel lautet auf Hebräisch „Messias“ und ins Griechische übersetzt „Christus“. Und dieser Messias sollte von einem der Propheten angekündigt werden – so glaubte das jüdische Volk. Man hielt Jesus also für einen, der auf den Messias hinweist…

Und nun wandte sich Jesus an seine Jünger mit der Frage: „Wer sagt denn ihr, dass ich sei?“ (Mt. 16,15) Matthäus berichtet uns, dass Simon Petrus darauf antwortete: „Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn.“ „Diese Erkenntnis hat dir Gott geschenkt“ – so die Reaktion Jesu auf dieses Bekenntnis. Nun bekommt der Spitzname Simons -„Petrus“ – eine besondere Bedeutung. Der heißt nämlich übersetzt „Fels“ und Jesus setzt hinzu „auf diesem Fels will ich meine Kirche bauen“. Wir lernen aus der Geschichte etwas über die überragende Bedeutung Jesu. Wir Christen glauben, was Petrus damals bekannt hat. Dass er derjenige ist, der von Gott die Macht bekommen hat, uns Menschen von den Konsequenzen unserer Unfähigkeit zu retten. Gemeint ist die Unfähigkeit, Gottes Willen zu befolgen – die Bibel nennt das Sünde/Schuld. Wir glauben, dass Jesus der „Messias“, der Gesalbte, der „Christus“ ist. Was Petrus als Erster durch den Geist Gottes bekennen konnte, wurde zur Grundlage – zum Felsen der Gemeinschaft der Glaubenden – wir nenne diese Gemeinschaft „Kirche“. Hier leben wir unseren Glauben, hier erfahren wir mehr über unseren Glauben. Die Institution gibt diesem Glauben Raum und Unterstützung. Petrus hat mit Gottes Hilfe die Bedeutung Christi erkannt – über ihn sind wir mit Gott verbunden. Wer ist denn Jesus für Sie? … Was Jesus für uns sein will, macht er mit seinen Worten und Taten jedenfalls deutlich: Einer, für den wir im Zweifelsfall alles andere aufgeben würden, für den wir sogar Anfeindungen in Kauf nehmen würden. Er will, wie es Arno Backhaus einmal so schön ausgedrückt hat, eine ganz kleine Nummer sein für uns: Die Nummer 1.

Ihr E. Salewski

Oktober 2023

Liebe Leserin, lieber Leser,

mit dem Hören ist das so eine Sache – beobachten Sie nur einmal Kinder, zu denen etwas gesagt wird. Wird z. B. eine Bitte geäußert oder eine Ermahnung ausgesprochen, kann man zuweilen den Eindruck bekommen, sie sind alle schwerhörig. Doch sagen Sie einmal recht leise Wort wie „etwas zu naschen“ oder „Eis“… da wird sogar ein Flüstern wahrgenommen.

Hören hat auch immer mit Hören wollen zu tun. Wenn etwas für mich Anstrengendes oder Unangenehmes gesagt wird, wird es oft ausgeblendet und auch vergessen oder zumindest verdrängt. Getreu dem Motto: „Was ich nicht gehört habe, geht mich auch nichts an!“

Im Monatsspruch für den Monat Oktober ist auch vom Hören bzw. von Hörern die Rede. Jakobus schreibt in seinem Brief an die noch jungen Christengemeinden: Seid Täter des Worts und nicht Hörer allein; sonst betrügt ihr euch selbst. (Jak. 1,22) Wie es scheint, gab es mit dem Hören kein Problem. Die Christen damals glaubten und vertrauten dem Wort Gottes, das ihnen verkündigt wurde. Und doch ermahnt Jakobus sie – er vermisst, dass ihrem Glauben Taten folgen. Ihr Glaube ist für Außenstehende nicht sichtbar. Deshalb rüttelt er sie auf – und auch uns.

Die folgenden Fragen können uns zum Nachdenken anregen:
– Was ist mit einem Glauben, der sich nicht im Leben zeigt?
– Was ist, wenn das Vertrauen auf die Liebe Gottes nicht zu einem veränderten Verhalten führt?
– Wie sollen andere die Botschaft des Evangeliums als bedeutsam erkennen, wenn wir uns in unserem Verhalten nicht von anderen unterscheiden?

Es war damals nicht anders, als es heute ist. Wer meint, man könne zu einem Glauben einladen, der keine Auswirkungen im Leben zeigt, der täuscht sich und andere. Denn die Menschen merken schnell, wenn zwar Liebe, Güte und Barmherzigkeit gepredigt, am Ende im Alltag aber Härte, Mitleidlosigkeit und unbarmherzige Ausgrenzung gelebt wird. Und dann wenden sich Menschen enttäuscht ab. Überzeugend für den Glauben wirken hingegen Menschen, die ihr Leben so gestalten, dass beides ihrem Glauben entspricht.

Das ist herausfordernd, keine Frage. Aber nur so wird Glaube lebendig und Menschen werden bereit, der Botschaft des Evangeliums zu vertrauen. Helfen wir ihnen dabei – durch Wort und Tat.

Es grüßt Sie ganz herzlich

Angelika Mischinger

November 2023

Liebe Leserin, lieber Leser,

was denken Sie, was der „Nabel der Welt“ ist? Worum dreht sich alles? … Die Antwort auf diese Frage fällt vermutlich recht unterschiedlich aus. Warum? Es kann doch nur einen Mittelpunkt von allem geben. – Die Vielfalt der Antworten liegt wohl darin begründet, dass jeder von uns ja in seiner eigenen kleinen Welt lebt, in deren Mittelpunkt wir selbst stehen. Von diesem aus betrachten wir alles und knüpfen, je nach Interesse, unsere Beziehungen. Also könnten wir sagen, dass jeder der Nabel seiner Welt ist. Das Problem bei dieser Weltsicht ist, dass es dann mit dem Zusammenleben mit anderen Menschen schwierig wird. Aber diese brauchen wir, denn wir sind Gesellschaftswesen. Also muss jeder von uns seine Welt öffnen und sich mit den anderen auf etwas einigen, was die gemeinsame Mitte sein kann. Das ist nicht einfach!

Das Buch Hiob erzählt davon, dass Hiob in seiner Welt, mit seiner Familie glücklich war. Gott hatte einen übergeordneten Platz in ihr. Dann verlor Hiob in kürzester Zeit fast alles – nur seine Frau und ein paar Freunde blieben ihm. Wie konnte Gott, der für ihn die Mitte seines Lebens war, das zulassen? Er ist doch Gott, könnte er dann nicht auch das Böse von Hiob fernhalten?

Hiob musste etwas lernen, was unserer menschlichen Eitelkeit nicht gerade schmeichelt. Wir können nicht der Nabel der Welt sein – nicht einmal der unsrigen – auch wenn wir es wollten. Im Gespräch mit einem Freund, der ihn in seinem Leid besucht, äußert dieser die Meinung, dass das Böse, das Hiob wiederfährt, eine Konsequenz seines Tuns sein muss. Aber Hiob ist sich keiner Schuld bewusst, hat er doch nach Gottes Willen gelebt. Das Böse muss andere Ursachen haben – und doch ist Gott Herr über alles und liebt seine Menschenkinder, denn „Er allein breitet den Himmel aus und geht auf den Wogen des Meeres. Er macht den Großen Wagen am Himmel und den Orion und das Siebengestirn und die Sterne des Südens.“ (Hiob 9,8-9)

Von Gott kommt alles, auf ihn hin ist alles. Bei ihm finden sich Antworten auf all unsere Fragen. Allerdings werden wir manches nicht verstehen, denn wir können die Welt nur von unserer Warte aus betrachten. So werden wir mit Leid und offenen Fragen leben müssen, denn die Welt dreht sich nicht um uns. Wir dürfen aber die Zuversicht und Hoffnung haben: Bei Gott ist die Mitte aller Welten, er hat alles in der Hand. Uns, unsere Lieben, diese Erde – ja das ganze Universum – er ist der „Nabel der Welt“. Und doch steht er an unserer Seite, das zeigt uns Jesus Christus jeden Tag neu.

Ihr E. Salewski

Dezember 2023

Liebe Leserin, lieber Leser,

„warten“ ist ein kleines Wort für einen sehr umfangreichen Lebensbereich, der auch noch ein gerütteltes Maß an Zeit in Anspruch nimmt. Darf man meiner Recherche im Internet glauben, so verbringen wir 374 Tage unseres Lebens im Durchschnitt mit Warten -… auf was auch immer: auf den Postboten, den verspäteten Zug, auf einen Besuch oder Anruf, auf eine Diagnose oder einfach nur, dass die Zeit vergeht… Dabei spielen Geduld, Ausdauer, besonders aber eine „Er-wartung“ eine große Rolle. Mit zunehmendem Alter nehmen die Erwartungen allerdings ab und werden bescheidener. Wird doch die Zeit, in der sich Erwartungen erfüllen, immer begrenzter und die Erfahrung lehrt uns obendrein, dass das, was wir erwarten, nicht immer das mit sich bringt, was wir erwarten.

Und nun muss ich der Aussage im Internet widersprechen. Denn die 374 Tage, die da als Wartezeit benannt sind, gelten für Christen und Juden nicht. Wir befinden uns nämlich – genau betrachtet – auf Grund unseres Glaubens in einem „Dauer-Wartezustand“. Das treibt, mathematisch gesehen, die Zahl der Wartetage enorm in die Höhe. Aber das ist eine andere Geschichte.

Mir geht es um den „Dauer-Wartezustand“ und um das Thema „Er-wartung“. Welche Bedeutung beides in unserem Glauben hat, erkennen wir an einem Mann namens Simeon, von dem uns Lukas in seinem Evangelium berichtet. Er war fromm und gottesfürchtig und wartete auf den „Trost Israels“. Und der Heilige Geist hatte ihm die Erkenntnis geschenkt, er werde nicht sterben, ehe er den Heiland Gottes gesehen habe. Und so führte Gottes Geist Simeon zu dem Zeitpunkt in den Tempel, als Maria und Joseph Jesus nach dem jüdischen Gesetz auch dorthin brachten. Als er Jesus bei den beiden sah, erkannte er, wen er vor sich hatte. Simeon nahm ihn in seine Arme und sprach: Herr, nun lässt du deinen Diener in Frieden fahren, wie du gesagt hast; denn „meine Augen haben deinen Heiland gesehen, das Heil, das du bereitet hast vor allen Völkern…“ (Lukas 2,30.31)

Simeon durfte den noch kleinen Retter der Welt sogar in seinen Händen halten. Sein langes Warten hatte sich gelohnt. Seine Erwartung ging mehr als in Erfüllung – nun hatte er Frieden. Die Advents- und später auch die Weihnachtszeit sollen uns an der Erfahrung Simeons teilhaben lassen. Er war Zeuge der Hoffnung, die wir seither haben dürfen. Die Grundlage unserer Erwartung ist gelegt: Der, auf den wir warten, ist schon gekommen – und die Bibel sagt, er wird der Heiland der Welt sein. Denn er kommt wieder und wird alles Kaputte, Zerstörte und Getrennte heil machen und Leblosem neues Leben geben. Das bezeugt die Bibel.

Das dürfen wir erwarten. Jeder Advent und jedes Weihnachten erinnert und bestärkt uns: Es lohnt zu warten. Der kommen wird ist der, der kam und Simeon seinen Frieden finden ließ.

Machen Sie das aufs Neue auch zu Ihrer Erwartung! Ich wünsche Ihnen dazu viel Geduld und Ausdauer.

Ihr E. Salewski